Die Künstlerin Maria Gideon gehört der raren Spezies der Terraformer an.
Aus Ungenauigkeit und Abfall, aus Bruchstücken und Vergessenem entwirft
sie eine neue Welt, einen raumgreifenden Hort der Irrealität. In ihren
Arbeiten finden Zwischentöne, das halbseidene Licht und der Zufall ihr
wahres Zuhause. Nichts ist bei Gideon an seinem Platz, kein Stein steht
mehr auf dem anderen und die Konstruktion unserer Lebenswelt steht auf
dem permanenten Prüfstand. Der alte Satz des Heraklit, dass alle Dinge
im Fluss wären, bekommt bei Maria Gideon seine visuelle Entsprechung.
Ihre schwindelerregenden Realitätsverschiebungen verlangen dem
Betrachter eine neue Art zu sehen ab. Er kommt nicht umhin, sein
Verständnis von Innen- und Außenwelt umfassend zu überdenken und nicht
umhin, sein Verständnis von Verpackung und Eigentlichkeit neu zu
bewerten. Maria Gideons pulsierende Astralkörper, ihre italienische
Tischdeckenkartographie und ihre potemkinsche Architektur machen sie zu
einer stimmgewaltigen Formgeberin der menschlichen Verfassung. Gideons
'Palast für den Augenblick' könnte ebenso gut die Überschrift und
Ausformulierung einer ganzen Generation junger Künstler sein.
2013 besuchte Maria Gideon Brasilien. Ohne dabei an Leichtigkeit einzubüßen flirtet ihre Arbeit 'São Paulo' mit der bedeutungsschwangeren Welt des Symbolismus und schöpft aus den tiefen Erzählungen und banalen Begebenheiten des brasilianischen Alltags, wo Ende und Anfang des Individuums und der Gemeinschaft stets so unendlich dicht miteinander verwoben sind, dass ein Begriff wie Ordnung schlicht überflüssig wird. Frohen Mutes kommt die Arbeit 'São Paulo' daher wie Stefan Zweigs wohltemperierte Schachnovelle, die im südamerikanischen Exil dem Fieberwahn anheim fällt.
Text: Fynn Steiner
2013 besuchte Maria Gideon Brasilien. Ohne dabei an Leichtigkeit einzubüßen flirtet ihre Arbeit 'São Paulo' mit der bedeutungsschwangeren Welt des Symbolismus und schöpft aus den tiefen Erzählungen und banalen Begebenheiten des brasilianischen Alltags, wo Ende und Anfang des Individuums und der Gemeinschaft stets so unendlich dicht miteinander verwoben sind, dass ein Begriff wie Ordnung schlicht überflüssig wird. Frohen Mutes kommt die Arbeit 'São Paulo' daher wie Stefan Zweigs wohltemperierte Schachnovelle, die im südamerikanischen Exil dem Fieberwahn anheim fällt.
Text: Fynn Steiner
"São Paulo"
9 Bilder
je 30x30 cm
Mixed Media auf Leinwand
2018
erhältlich bei 30 QUADRAT